Toby Dax: „Many fine Writers have not been sent to Prison“

Noch ein Text, der das Schriftsteller-Dasein thematisiert: Toby Dax‘ Text „Many fine Writers have not been sent to Prison“ dreht sich um die Fragen von Anspruch, Realität und woher ein Autor seine Inspiration nehmen soll. Das Problem: Eigentlich ist schon alles geschrieben. Aber altklug intertextuelle Verweise aneinanderreihen möchte der Ich-Erzähler nicht. Und so erinnert er sich an einen Satz aus „Fear and Loathing in Las Vegas“: „Many fine books have been written in prison“. Der kühne Plan liegt auf der Hand: Eine Haftstrafe muss her.

Ich spürte all die aufwallenden Ideen, sie waren da, irgendwo, aber mir fehlte die Kraft, sie aufs Papier zu bringen, vielleicht fehlte mir auch die Lust, denn die Literatur ist eine sehr anstrengende Sache, besonders wenn man nichts zu sagen hat. Es gab schlichtweg keine Themen für mich. Das war das Schrecklichste an allem. Ich hatte keinen einzigen Krieg erlebt. Und noch nicht mal Jude war ich.

Das Ich des Texts versucht wirklich alles, um im Gefängnis zu landen, doch nichts will so richtig gelingen. Überfälle werden indifferent hingenommen, auf sexuelle Übergriffigkeit reagiert eine Schuhverkäuferin überraschend wohlwollend. Erst in dem Moment, in dem er seinen Plan offenlegt, wird er in eine Klinik eingewiesen. Dort wird direkt der nächste Schritt geplant: Durch exzessives Rauchen in eine Lungenheilanstalt verlegt zu werden.

Wenn etwas feststand, dann dass die Lungenheilanstalt mir das Tor zur Weltliteratur öffnen würde. Wo, meine Damen und Herren, könnte man eher ein großer Schriftsteller werden als in einer Lungenheilanstalt? Sie verstehen hoffentlich, dass kein Weg am Tabak vorbeiführte. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

Das ist alles sehr überspitzt und beladen mit Schriftstellerklischees, doch wir bewegen uns hier auch in der im Wettbewerb unterrepräsentierten Form der Satire. Teilweise hat man das Gefühl, der Text wurde dem open mike auf den Leib geschrieben – ab einem gewissen Punkt adressiert das Ich ein imaginäres Publikum -, und nicht alles, was Toby Dax hier auf die Bühne bringt, ist große Literatur. Dennoch: Mit Sätzen wie „Darüber hinaus wurden alle Kriminalromane, die ich kenne, bereits geschrieben.“ findet der Autor einen augenzwinkernden Umgang mit Problemen, die sich jedem jungen Schriftsteller stellen. Und im Gegensatz zu seinem Protagonisten scheut Dax auch das intertextuelle Verweisspiel nicht. Denn jeder – zumindest jeder Österreicher – weiß: Wer Lungenheilanstalt sagt, muss auch Thomas Bernhard sagen.

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