Berit Glanz: „Inkubator“

Wir sind von Anfang an mittendrin, im Irrsinn zwischen Selbstoptimierung, Silicon Valley und Start-Ups. Berit Glanz liest als erste Autorin des Tages ihren Text Inkubator vor. In dem Prosastück spricht sich ein hibbeliger Tech-Informatiker aus, von A wie Arbeit bis Z wie Zauberer von Code und PHP. Zum Gegenstand ihres Erzählens hat sich Berit Glanz eine Figur, ja, ein ganzes Milieu ausgesucht, das uns Medienjüngern allzu bekannt ist: Co-working-Spaces, Team-Building-Maßnahmen, Deadlines von Beta-Versionen – eben der so gruselige wie gängige Leim, der diesen Arbeitsbereich zusammenhält:

Mein Büro hat eine Glasfront, dahinter sieht man die Spree. Beautiful, beautiful, sagen die Geldgeber, während sie durch das offene Büro in den Konferenzraum mit der milchigen Glaswand laufen. Smarte Anzüge, nicht Bank, sondern Tech, und extra schmale Krawatten.

Die Gefahr einer solchen Selektion und Perspektive liegt als Damoklesschwert auf der Hand oder in der Schwebe oder so: Die schöne neue Jobwelt mit ihren Medienzombies ist derart durchsetzt von Klischees, Handelsüblichem und Karikatürlichem, dass es ein Leichtes ist, sich als Autor*in spöttisch darüber zu erheben – wohl auch aus der wehrhaften Angst heraus, womöglich selbst die Karikatur eines digital author-native zu sein.

Aber Berit Glanz legt den Fokus ihres Beitrages sinnigerweise nicht darauf, aus Autorwarte heraus süffisant zu mobben, sondern darauf, die merkwürdig hohlen Vokabeln und Redeweisen dieser Zunft heißlaufen zu lassen. Deren Rhetorik ist ein Teufelskreis, die sich im Drehen um sich selbst beständig weiter beschleunigt. (Hübsches Detail: Die architektonische Entsprechung dieser Logik ist das neue Hauptquartier von Apple: kreisrund wie der Teilchenbeschleuniger, ähnlich massiv wie das Pentagon. Und das soll unsere Zukunft sein?)

Die so brave wie kontrollierte Vortragsart trägt durchaus über die fünfzehn Minuten hinweg, die die Autor*innen beim open mike zur Verfügung haben. Aber zum Hyperaktivismus der Figur passt sie nicht so recht. Und mir fehlt, trotz des Tempos und der prägnanten Darstellung, im ersten Beitrag des diesjährigen Wettbewerbs eine Haltung – sei sie einmischend, kritisch, subversiv, hyperaffirmativ (und dadurch wiederum dekonstruktivistisch) oder sonstwie ausgestaltet.

 

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