Magdalena Kotzurek: „Podniebo“

Es war unsere erste Erfahrung mit dem polnischen Norden gewesen, Wälder, puszcze, noch tiefere Wälder, Nebel, Fichten, Felder, weite Strände und ein Meer, das je nach Wetter wie ein Chamäleon die Farbe wechselt.

Drei Freundinnen fahren an die polnische Ostsee. Sie machen dort Urlaub, genießen die Natur und verdienen sich ein paar Zloty mit Straßenmusik dazu. Gestört werden sie in der osteuropäischen Idylle von Neonazis und mysteriösen Botschaften in ihrer Unterkunft. Auch die Herbergsmutter scheint ein bisschen neben der Spur zu sein. Ihr Büro liegt direkt neben dem Treffpunkt des titelgebenden Dorfes Podniebo, dem „Museum der drei Kulturen“. Dort findet man die Werke von Marx, Lenin und Engels, aufgereiht neben Nazi-Devotionalien. So scheint das wohl zu sein in der polnischen Provinz, wo die Zeit stehen geblieben ist.

Ich fühle mich schon nach den ersten Zeilen in meinen letzten Urlaub an der polnischen Ostsee zurückkatapultiert. Den Urlaub der drei Freundinnen verpackt die Autorin in einen kühlen Erzählton, der gleich von Beginn an zeigt, dass hier nicht alles à la „Friede, Freude, Sommerurlaub“ ablaufen wird. Kotzureks Text ufert in adjektivreiche Beschreibungen und zahlreiche Aufzählungen aus. Dabei entstehen einige schöne Bilder, vor allem von der polnischen Natur. Allerdings wäre bei den Beschreibungen für mich an vielen Stellen weniger ein bisschen mehr gewesen.

Der Horizont verschmilzt mit dem Meer, es ist an wolkigen Tagen so bleifarben wie der Himmel, silbrig, ruhig, fest wie Metall.

Auch die Neonazis dieses Polenurlaubs kommen mir bekannt vor, allerdings wirft Kotzureks Text für mich vor allem hier einige Fragezeichen auf. Dass die drei Frauen statt am Strand zu liegen lieber auf der Promenade musizieren, mag ich noch gerade so verstehen. Aber dass sie die Rechten nach einem heftigen Streit vor der polnischen Polizei schützen und das auch umgekehrt passiert, erscheint mir unplausibel. Aber dennoch: „Podniebo“ ist ein atmosphärischer, verspielter Text – und vor allem ein guter Auftakt für diesen 25. open mike.

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