„Die Unsicherheit wird größer“


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Lyrik-Lektor Christoph Buchwald über seine Auswahl und den Anteil der Lyrik am Open Mike

Wie gehen Sie als ausgewiesener Lyrik-Experte an neue Texte heran?

Je länger man so etwas tut, um so größer wird die Unsicherheit darüber, was denn eigentliches ein gutes Gedicht ist. Für mich spielt, eher als der Geschmack, das Handwerkliche eine Rolle: Wie wird mit der Tradition umgegangen? Die Kenntnis von Lyrik ist in dieser Hinsicht essenziell, um Naivität oder bloße Befindlichkeiten zu vermeiden.

Kann man das auf diesen Open-Mike-Jahrgang übertragen?

Ein Verständnis von Handwerk ist definitiv da. Die Qualität der Einsendungen schwankte stark, da gab es durchaus auch Gedichte auf dem Niveau der Bäckerblume. Aber das, was die wirklich guten Gedichte ausmachte, ist der Anspruch, etwas zwischen den Wörtern hervorzuholen, was so nicht im Text steht.

Ist der Open Mike also ein Podium für das, was junge Lyrik gerade kann?

Die Wettbewerbsbeiträge waren sehr unterschiedlich, sowohl in Thema als auch in Machart: Es gab Sonette, es gab freie Formen, es gab Gedichte, die der Musik sehr nahestanden, manche Gedichte waren zeitlos, andere waren stark von einer technisierten Welt geprägt. Aber da allein ist noch kein Qualitätskriterium: Ein Gedicht kann auch aktuell sein, wenn es die immer wiederkehrenden alten Fragen von Landschaft und Natur ganz neu verarbeitet.

Was würden Sie einem angehenden Lyriker heute raten?

Dass aufzuschreiben, von dem man denkt, dass es aufgeschrieben werden muss, zu vermeiden, nur mit Wörtern etwas neu auszukleiden, was schon lange gesagt wurde – und dann: Lesen, was andere gemacht haben, und was man von ihnen lernen kann.

Vielen Dank!

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