Nina Lörken „Die Balz des Blaufußtölpels“

©Marc Figueras
©Marc Figueras

Edgar der „Jauchekutscher“ fährt seine letzte Tour vor der Mittagspause. Er ist Mitarbeiter der Klärwerke und unterwegs, um Jauchegruben in einer Bungalowsiedlung auszupumpen. Privat mag er Vögel. „Ich heiße Edgar. Und ich mag Vögel.“, wird er später sagen.

„Wenn Edgar ein Vogel gewesen wäre, wäre er ein Blaufußtölpel gewesen. Blaufußtölpel bauen ihre Nester aus Exkrementen.“

Himmel und Jauche, solche Gegensatzpaaren bilden das untergründige Spannungsfeld dieser Sommererzählung, die mit leichter Hand ihre Motive spiegelt und variiert, in Zwischentöne auffächert. Bürokratie und Anarchie, Ästhetik und Trieb. Der stinkende Edgar dringt mit seinem schweren Laster in die gepflegte Bungalow-Welt ein und wird dort von zwei jungen Mädchen, nein Frauen empfangen, „unter ihrem dünnen Hemdchen, unter dem sie weder BH noch Bikini-Oberteil trug, ließen sich ausgewachsene Brüste erahnen.“

„Ihre Zähne waren klein und gleichmäßig. Sie sahen aus wie Kandisstückchen. Wie die Kandisstückchen, mit denen er seinen Tee süßte.“

Die beiden Frauen bringen den gutmütigen Edgar ins Schwitzen, aber die aufglimmende Geilheit verfliegt, als sie ernsthaftes Interesse an seiner Person zeigen, sich ein freundliches Gespräch entwickelt – aus dem dennoch nichts weiter werden kann. Weil Edgar eben der Jauchemann ist, der am Ende ein Trinkgeld bekommt und gut ist. Ein sehr sorgsam komponierter, warmer, harmonischer Text.

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