Lars Claßen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?

Was kann ich wissen?

Lektoren wollen Kritiker, die unbestechlich sind und auf Höhe des Textes; Buchhändler, die ihren Kunden nicht nur in die Hand drücken, wonach sie fragen; Leser, die Unruheherd sind und Brandstifter. Aber bei euch, den AutorInnen, fängt alles an, ohne euch gibt es uns andere nicht. Habt Mut zur Relevanz, wir brauchen nicht die jungen Alten, sondern die Neuen. Die Frage, zu der jede ernsthafte Literatur sich verhalten muss, lautet: Was ist der Mensch heute?

Was soll ich tun?

Seid authentisch und, als AutorInnen, eremitisch. Blick- und Stimmbildung brauchen Zeit. Lasst euch nicht drängen von Agenturen oder Verlagen, und auch nicht von Kollegen, die schon unter Vertrag sind. Wer zu früh in die Öffentlichkeit tritt, wird kurz gesehen und schnell vergessen. Solange ihr nicht soweit seid, ist euer Ort der Text.

Was darf ich hoffen?

Generell alles, auch wenn ihr mit nichts rechnen dürft. Zwar ist die Fähigkeit zur Emphase die Kernkompetenz eines jeden Buchmenschen. Aber finanzielle Sicherheit bringt euch nur ein zweites Standbein. Tretet ihr in Verhandlungen mit Verlagen, wählt sorgfältig. Schielt ihr allein auf eine hohe Vorauszahlung, könnt ihr den Verlagen keine Vorwürfe machen, wenn sie euch abservieren, sobald eure Bücher die Summen nicht wieder einspielen. Worauf es ankommt, ist die gemeinsame Vision: Nur die Verlage, die euch aufbauen wollen und langfristig durchsetzen, im Feuilleton, im Ausland usf., halten auch zu euch, wenn der Erfolg einmal ausbleibt. Es gibt diese Verlage, und sie warten auf euch!

 


Lars Claßen ist Lektor für deutschsprachige Literatur im Suhrkamp Verlag.

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