Hans Jürgen Balmes, 1958 in Koblenz geboren, studierte Literaturwissenschaft in Bonn, und arbeitet seit 1987 als Lektor, u. a. im Ammann Verlag. Seit 1999 ist er Programmleiter für internationale Literatur im S. Fischer Verlag und Mitherausgeber der Neuen Rundschau. – Im Hanser Verlag veröffentlichte er einen Novalis-Kommentarband und gab eine Hölderlin-Ausgabe heraus. Aus dem Englischen übersetzte er John Berger und u. a. Gedichte von Robert Hass, W. S. Merwin und Martine Bellen.
Drei Fragen an Hans Jürgen Balmes
Mit welchen Erwartungen sind Sie an die open mike-Texte herangegangen?
Keine Erwartungen, aber eine große Neugier und zwei Fragen: Vor 10 Jahren war ich schon einmal Vorjuror für Lyrik gewesen, was hat verändert? Und Anfang des Jahres hatte ich die – ebenfalls anonymen – Einsendungen für den Lyrikpreis Meran gelesen, für den sich nur Lyriker bewerben dürfen, die bereits ein Buch veröffentlich hatten. Gibt es da einen großen Unterschied? — In den zehn Jahren hatte sich – jedenfalls in den Einsendungen – nicht so viel geändert – wenig Politik, viel Jugendzimmer mit Bildern von der Abiturfeier auf der Raufasertapete, allerdings eine auffallende Renaissance der Ballade, die manche Texte in ein parodistisches Zwielicht tauchte. — Den Unterschied zu den etablierten Lyrikern hatte ich mir größer vorgestellt – doch nein, die Ausbeute war statistisch die gleiche. Vielleicht ist die Bandbreite des lyrischen Schreibens so groß geworden, dass alles vorkommt. Heruntergebrochen auf zehn Seiten fehlte vielleicht der Raum, dass sich die individuellen Stimmen deutlicher entfalten.
Welche Kriterien haben Sie an die Texte angelegt – waren es dieselben, die Sie bei Ihrer Auswahl im Verlag anlegen?
Die Kriterien sind eher die gleichen wie für den Lyrikpreis in Meran (s.o.) oder für die Herausgabe des „Lyrikradars“ in der Neuen Rundschau. Ist eine eigene Stimme vernehmbar? Wie verhält sie sich zum Material der Gedichte? Ist die Form bewusst erarbeitet? Ist in der Folge der Texte eine Konsequenz der Arbeit erkennbar?
Gibt es etwas, dass Ihnen bei der Vorauswahl an den Texten aufgefallen ist?
Es waren viele Einsendungen darunter, die gute Verse, Ideen, Einfälle und Bilder zeigten. Oft gab es ein, zwei wirklich gelungene Texte, die aber in dem Konvolut fast isoliert dastanden. Die Unterschiede in diesen Textsammlungen waren so groß, dass man den Einsendern gern einen Lektor gewünscht hätte, der sie auf ihre Stärken hinweist. So dass sie dann in ein, zwei Jahren zehn durchgearbeitete Texte einschicken könnten.
Die Kandidaten von Hans Jürgen Balmes
Kathrin Bach
Özlem Özgül Dündar
Eva Maria Leuenberger
Arnold Maxwill
Felix Schiller
Walter Fabian Schmid
Robert Stripling