Da kommt man nichtsahnend nach Hause und dann sitzt da schon einer. Und der sitzt da einfach so und sagt keinen Mucks. Tja, „So kommt’s“ manchmal, wie Baba Lussi ihre Erzählung nennt. Eine erwartbare Reaktion wäre wohl ein Anruf bei der Polizei oder einen Angriff auf den ungebetenen Gast. Aber nicht so in Lussis äußerst surrealer Ich-Erzählung.
Hätt ich’s auf einen abgesehn: auf dem Sessel säß ich nicht, na: so dämlich bin ich nicht, den sieht man gleich, noch in der Tür, mir scheint, das wär nicht, wie ich’s wollt. Hätt ich’s auf einen abgesehn, ist ja gleich wieso und wann, ich hätt den Hausherrn, heimgekehrt, na: von hinten angestürmt. Hätte dem, na: eins gebumst, mit dem Spazierstock oder Bräter.
Die Hauptfigur bei Lussi wartet erst einmal ab, versucht, mit dem Fremden zu reden und reicht ihm schließlich eine Packung Vollfettmilch und einen halben Nudelauflauf, bevor sie am nächsten Tag ins Büro geht. Die stoische Ruhe der Ich-Erzählerin ist beeindruckend. Auf ihren umfangreichen Fragenkatalog bekommt sie vom Fremden keine einzige Antwort, falls er allerdings Geld finde, wolle sie es gern mit ihm teilen, erzählt sie. Der Umgang mit dem Fremden wird schnell vertrauter. Man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles und Lussis Hauptfigur lehrt uns, dass es immer und in jeder Situation wichtig ist, zuerst Fragen zu stellen, bevor geurteilt wird.
Das Besondere an dieser Erzählung ist ihre Sprache. Lussis spezieller Erzählton, der das gesprochene Wort eins zu eins zu verschriftlichen scheint, ließ mich streckenweise an ein modernes Märchen denken. Zudem wird der Fremde immer wieder als Riese bezeichnet – in Sachen Skurrilität steht So kommt’s einem klassischen Märchen in nichts nach. Ich bin übrigens froh, dass die Autorin den Text vor ihrem Auftritt ein wenig gekürzt hat. Er hatte in der Version, die wir vor dem Wettbewerb sichten konnten, durchaus Längen, durch die sich auch Lussis sprachliches Experiment ein wenig erschöpft hatte.
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