New Readings | Kristin Höller: Schöner als überall

Vielen ist Kristin Höllers Text Im Imbiss, im Mai, mit dem sie vor drei Jahren beim 24. open mike antrat, im Gedächtnis geblieben. Da wurde sich nämlich ganz unverblümt in der Dönerbude gekloppt – ein Setting, das so schnell nicht in Vergessenheit gerät und das Publikum damals in Verzückung versetzte. Heute erscheint nun Kristin Höllers Debütroman Schöner als überall bei Suhrkamp Nova und wir hatten wie immer ein paar Fragen dazu.

Kristin Höller: Schöner als überall
© Heike Steinweg / Suhrkamp Verlag

Kristin Höller: Schöner als überall

Es beginnt wie ein Roadmovie. Im gemieteten Transporter fahren Martin und sein bester Freund Noah über die Autobahn. Auf der Ladefläche der Speer der bronzenen Athene vom Münchner Königsplatz, Trophäe einer rauschhaften Sommernacht. Sechs Stunden später sind sie zurück an den Orten ihrer Kindheit: Die Spielstraßen, die Fenchelfelder, die Kiesgrube haben sie vor Jahren hinter sich gelassen. Auch Mugo ist zurück, die kluge, wütende Mugo, die immer vom Ausbruch aus der Provinz geträumt und Martin damit angesteckt hat. Sie wollte raus aus der Kleinstadt, aus dem Plattenbau mit Blick auf Einfamilienhäuser und Carports. Nun arbeitet sie an der Tankstelle am Ortseingang und will nichts mehr von Martin wissen. Sogar Noah wird ihm in der vertrauten Umgebung immer fremder. Auf sich allein gestellt, ist Martin gezwungen, das Verhältnis zur eigenen Herkunft zu überdenken.
Einfühlsam und mit Witz erzählt Kristin Höller in ihrem Romandebüt vom Erwachsenwerden: von der Verwundbarkeit, der Neugierde, der Liebe und der Wut, von großen Plänen und den Sackgassen, in denen sie oftmals enden. Sie erzählt von der Entschlossenheit der Mütter und dem Erwartungsdruck der Väter, vom Ende einer Freundschaft und der Schönheit von Regionalbahnhöfen. Existenziell, tröstlich, hinreißend.


Was schoss dir durch den Kopf, als du dein Debüt zum ersten Mal in den Händen gehalten hast? 

Wie komisch, dass ich das alles mal im Kopf gehabt haben muss. 

Wie lautet der erste Satz deines Debüts? 

Unten vor der Tür steht ein Transporter. 

Was gefällt dir am besten am Schreiben? Und was findest du am unangenehmsten? 

Schön: wenn es manchmal ganz schnell geht, ganz egal, wo man ist. Unangenehm: Wenn manchmal gar nichts geht, obwohl das Drumherum passt. 

Wenn du könntest, welchen Rat würdest du deinem Ich von vor zehn Jahren geben? 

Mittelstufe, Pubertät – geht alles vorbei, durchhalten! Es wird alles immer besser. 

Bereust du etwas? Was? 

Meine Sitzplatzreservierungen in leeren Zügen, jedes Mal. 

Mit welchem Autor / welcher Autorin würdest du gern mal ein Bier trinken gehen? 

Mit Lucia Berlin, wenn sie noch leben würde. Wie sie aus den unscheinbaren Dingen etwas ganz Großes macht – so gut, fast schon ein Zaubertrick. 


Kristin Höller, Jahrgang 1996, studiert seit 2015 Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften in Dresden. Freie Mitarbeit bei mehreren Zeitungen und Zeitschriften. 2016 Finalistin des Open Mike und Preisträgerin des 10. poetbewegt-Wettbewerbs, 2017 Teilnehmerin des Artist in Residence Programms des Prosanova Festivals für junge Literatur, Stipendiatin der 19. Internationalen Schillertage in Mannheim sowie Teilnehmerin der Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquium Berlin. 2018 Preisträgerin des Schweizer Literaturfestivals Literaare, zudem nominiert für den »Welt von morgen«-Literaturpreis. Im April 2019 war ihr Hörspiel Die Frauen von Nampa, Idaho bei WDR3 zu hören. Seit Oktober 2017 ist sie zudem Mitveranstalterin von OstKap, der Dresdner Lesereihe für junge Literatur. Ihr Debütroman Schöner als überall erscheint heute bei Suhrkamp Nova. 

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