New Readings | Eva Maria Leuenberger: dekarnation

Vor knapp einer Woche erschien Eva Maria Leuenbergers Lyrikdebüt dekarnation im Droschl Literaturverlag, wir haben der Autorin ein paar Fragen dazu gestellt.

Eva Maria Leuenberger: dekarnation
© anjafonseka.ch

Eva Maria Leuenbergers bildstarkes Debüt dekarnation besteht aus vier Zyklen. Sie erdichtet sich fortschreibende Geschichten, indem Themen und Motive innerhalb der Zyklen verbunden und variiert werden.
Die Texte vibrieren und pulsieren, die Worte beleben Tal und Moor, Schlucht, Bach und Wald. Wir erleben eine Vermenschlichung der Natur:

»der wind in den bäumen krallt / auf der haut, und nur die nacht / ist sicher / da sind die fenster offen: / atmen die luft, als wäre sie frei«.

Mächtig, lebendig und immer in Bewegung zeigt sich die Natur. Klingt hingegen ein letztes Mal ein Laut, ob leise oder schreiend, aus dem Körper des Menschen, ist er bereits dabei, zu verstummen.

Wir hören den sprechenden Toten zu, deren Stimmen lautlos klingen und in die Stille der Natur dringen; wir betrachten Moorleichen – die Frau von Elling und den Tollund-Mann – und sehen ihre Körper nah beieinander in der Zeitlosigkeit liegen; ein Körper im Fluss findet langsam zur eigenen Hand, während Schicht für Schicht die Dekarnation voranschreitet; ein alleine durch das Tal wandernder Körper teilt dann im Fluss schwimmend das Wasser entzwei. Die Körper gehen ein in die Natur und werden von ihr absorbiert.

»stell dir vor / die haut fällt von dir ab / wie die rinde / einer anderen zeit /am rückgrat wachsen / blätter«.


Was schoss dir durch den Kopf, als du dein Debüt zum ersten Mal in den Händen gehalten hast?

Freude und ein bisschen Melancholie.

Wie lautet der erste Vers deines Debüts?

hier ist ein tal / in vorhergesehener form / mit berg und bach und grüner wiese

Was gefällt dir am besten am Schreiben? Und was findest du am unangenehmsten?

Wenn es klappt, ist es toll. Wenn es nicht klappt, na dann bravo.

Wenn du könntest, welchen Rat würdest du deinem Ich von vor zehn Jahren geben?

Intellekt hat nichts mit der Menge an Fremdwörtern und Adorno-Zitaten in deinem Sprachgebrauch zu tun, egal, was die Szene-Idioten in deiner Umgebung behaupten. Und Mädchen, kauf dir Sonnenschutz mit Faktor 50.

Bereust du etwas? Was?

Einmal habe ich beim Joggen aus Versehen eine Weinbergschnecke zerdrückt, mit ganzem Gewicht, mitten im Sprint; das tat mir schon sehr leid.

Mit welchem Autor / welcher Autorin würdest du gern mal ein Bier trinken gehen?

Dafür bin ich allgemein eigentlich zu schüchtern, aber ich würde mich sonst gerne irgendwo in die Nähe setzen, falls die schwedische Dichterin Aase Berg mal irgendjemandem etwas über die Höhle aus Meerschweinchenhaut in ihrem ersten Gedichtband erzählt.


Eva Maria Leuenberger wurde 1991 in Bern geboren und lebt in Biel. Sie studierte an der Universität Bern sowie an der Hochschule der Künste Bern. Veröffentlichungen u.a. in manuskripte und in Literarischer Monat.
Sie ist zweifache Finalistin des open mike in Berlin (2014 und 2017) und erhielt 2016 das »Weiterschreiben«-Stipendium der Stadt Bern.

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