Mascha Unterlehberg: HELIOPHILIA

Mascha Unterlehberg erzählt von einer Männerfreundschaft – zwei Männer, die recht unterschiedlich sind, obwohl sie doch zusammen aufgewachsen sind. Lektorin Nadya Hartmann mag die Wärme, die Melancholie und lobt den Ton, dem sie gern noch länger gefolgt wäre.


Lass mich los, Alter, ich warne dich. Der Arzt sagt, ich bin geisteskrank und noch habe ich meine Medikamente nicht bekommen, also nimm dich in Acht, bevor ich zuschlage.

Mascha Unterlehberg

Es geht um den Ich-Erzähler Jamal und dessen alten Freund Arno. Arno hat eine düstere Vergangenheit, ist zu Beginn eingesperrt, in einem Gefängnis oder einer Psychatrie, er hat jedenfalls nur Ausgang, darf seinen aktuellen Ort nicht verlassen.

Zum Ich-Erzähler sagt er: »Bist du allein der Pionier der unbegrenzten Möglichkeiten, bist der Chronist der neuen Welt, der Analyst der Plattenbauromantik«. Leider lassen genau solche Formulierungen den Text ins Kitschige abgleiten, an anderer Stelle fliegen Zigaretten wie Kometen in den Fluss und alte Sommer werden als magisch beschrieben.

Wochen später, anscheinend entlassen, steht Arno dann bei Jamal vor der Tür und analysiert die beiden Leben, findet den Beginn allen Unheils am Tag der Einschulung. Hier wird es nostalgisch, Erinnerungen an Nächte unter freiem Waldhimmel werden herausgekramt wie alte Socken aus der Schublade, an erste Begegnungen und Urlaube. Der Text besteht aus vielen Beobachtungen, alles wird zu Ende erzählt und es bleibt dem Leser kaum Raum für eigene Deutungen oder Gefühle, ihm wird alles vorgegeben. Dafür gibt es kaum Einblicke in das Innenleben der Figuren, in die Gefühlswelt der beiden, weshalb Heliophilia sehr sachlich wirkt trotz der Ich-Perspektive.

Auch wenn es einige schöne Szenen gibt, hat der Text keinen wirklichen Spannungsbogen, ist eher eine Aneinanderreihung von Anekdoten. Der Kontrast von gutem und bösem Freund, erfolgreichem und gescheitertem Gefährten aus Kindertagen ist klassisch und schon oft erzählt worden. Dadurch wird das Ende des Textes vorhersehbar – ein Plädoyer für die Freundschaft trotz Differenzen: »Scheiß drauf, denke ich, Arno lebt und (…) das hier gehört uns und niemandem sonst.«

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