Felix Reinhuber: Gedichte

Ich wünsche mir, die Gedichte von Felix Reinhuber in Museen zu sehen. Nicht als Gemälde an der großen weißen Wand, sondern als Museumstexte neben jene Bilder, die ihn beschäftigen. Reinhubers Gedichte schaffen einen Zugang zur Bildenden Kunst. Die Gemälde sind die treibende Kraft, sie sind das Subjekt in seiner Lyrik.

Die Lyrik selbst lebt vom Formal-Experimentellen. Reinhubers Gedichte sind, wie so manch Gemälde auch, auf den ersten Blick anstrengend anzusehen. Er spielt mit Doppelpunkten, mit Zeichensetzung, mit Silbentrennung, Klammern, Kursivtexten. Reinhuber lässt nichts aus, was sich bei den gängigen Schreibprogrammen nicht ausprobieren lässt – und dennoch wirkt es nicht, als wäre es zu viel. Denn Reinhuber versteht etwas von guter Komposition.

Doch schauen wir einmal genauer hin. Wir wollen mit Reinhuber ins Museum gehen und mit ihm die Kunst verstehen:

Branches de marronnier en fleur von Vincent van Gogh (Quelle: Wikipedia)

 die ur
-uridee : der
helle kreis
stillleben – ein schrei:
der rand an den verästelungen: schri-
ll, kaum auszuhalten: an

Wir lernen durch Reinhuber, auf die Mitte des Gemäldes zu achten. Wir betrachten die weißen Blüten aus Reinhubers Augen. Sie sind nicht so zart, wie man denkt, sondern lassen einen durch Reinhuber eher erschrocken zurück. Die Blüten erinnern an »schaum vorm mund«, hier wird assoziativ gearbeitet und wir möchten alles glauben.

Retrato del Dr. Haustein von Christian Schad (Quelle: Museo Thyssen)

Reinhuber betont hier direkt den »blick intelligenter resignation« und das »skalpellsaubere sakko«. Er bebildert die Bilder und man muss sagen, es gelingt ihm gut. Das Auge bleibt länger an den Details hängen. Aber erfahren wir auch die Meinung des lyrischen Ichs zu den Bildern? Das eher nicht. Es muss als Anerkennung der Kunst reichen, dass sie die Substanz für die Texte sind. Die Gedichte funktionieren als Hommage und es ehrt den jungen Dichter, dass er sich der klassischen Kunst widmet und diese ins Hier und Jetzt holt.

Hört man Felix Reinhuber zu, und hat man nicht die Bilder vor Augen, fällt es schwer zu folgen. Man sieht nicht die Bindestriche. Die Bilder im inneren Auge vergehen zu schnell. Der Rhythmus der Gedichte lässt sich hinterfragen.

Aber es bleibt dabei: Man möchte Felix Reinhuber als Begleiter im Museum haben. Durch seine Augen Kunst neu entdecken. Und es bleibt spannend zu sehen, welchen Themen sich Reinhuber in Zukunft noch widmen wird.

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