Es läuft! der 29. open mike trotzt den fiesen Inzidenzwerten mit strenger Maskenpflicht und Literatur, die vielseitiger kaum sein könnte.
Die Halbzeit am Samstag ist entgegen der vom Fußball gewohnten Teilung nicht auf eine Pause gelegt, sondern steht mitten im zweiten Lesungsblock. Kein Problem für uns, wir sind wahre Multitasker*innen und hauen auch bei laufendem Lesungsblock eine kleine Zusammenfassung raus.
Was hat es also schon gegeben? Es ging los mit Lyrik von Lisa Memmeler, die tief in die Fischgründe der Poetologie schaut und dort nach einer Balance sucht. Ebenfalls um Balance ringt Patrick Klösel in seinem Text Triadic Closure, eine kühle Abrechnung mit privilegierten jungen Erwachsenen, die viel anders machen wollen, aber doch nur das Gleiche anders reproduzieren.
Gar nicht mehr jung ist die Protagonistin von Eva-Maria Dütschs Text Urin und Blütenhonig, der den Blick in ein von Demenz gemartertes Hirn leitet. Auch bei Elena Fischer kommt das Alter zu Wort, wenn plötzlich die Großmutter in das eingespielte Mutter-Tochter-Duo ihrer Geschichte Paradise Garden hineinplatzt, und alle die Luft anhalten.
Im zweiten Block geht es ebenfalls um die Nachkommenschaft, wenn auch noch ganz entfernt. Denn der Protagonist von Kaleb Erdmanns Text ohne titel (graz text) wird Vater. In einem atemlosen Monolog wechseln Kindernamen immer wieder mit alkoholschwangeren Startup-Erinnerungen. Der Abschluss der ersten Samstagshalbzeit gebührt dann wieder der Lyrik. Alexander Kappe beschwört in seinem dunklen Zyklus den beinspeicher. Was das ist, müssen die Leser- und Hörer*innen wohl selbst herausfinden. Aber der Tod schwänzelt in jedem Fall beständig um ihn herum.
Holla, sagen wir da, das war ein guter Auftakt! Das Festivalfeeling ist wieder voll da, Maske hin, Maske her. Wir sind jedenfalls angefixt und freuen uns auf die kommenden Texte.