Jan Thul: Rattenfänger

Ratten regen die Phantasie schon lange an. Jan Thul befasst sich abermals mit den Nagern und erkundet dabei die Herkunft seines Protagonisten.

Der Erzähler wird mit seiner Mutter zum Gespräch mit der Lehrerin gebeten. Seine Versetzung steht auf dem Spiel. Während der Junge aus dem Fenster schaut und den Schulhof beobachtet, nennt ihn die auf die Mutter einredende Lehrerin unverblümt »dumm«. Die Würdelosigkeit einer solchen Situation wird von Jan Thul eindrucksvoll deutlich gemacht, ohne dass er dazu allzu dick auftragen müsste.

Meine Mutter fragte, ob es nicht besser wäre, wenn ich draußen warte. Die Lehrerin meinte, dass es schon richtig wäre, wenn ich alles höre. 

Die Eltern würden sich gern schützend vor ihren Jungen stellen, doch ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Durch eigene Unsicherheit wirken ihre Gesprächsversuche ungelenk. Mit einem Bericht vom Verhalten der Ratten im Bergwerk, in dem er arbeitet, versucht der Vater mit dieser misslichen Lage einen Umgang zu finden. Dass seine Bilder dabei rätselhaft bleiben, ist für den Text ein Glück. Dadurch öffnet sich ein Resonanzraum, der nach Interpretation verlangt.

Am schlimmsten sind die, die lernen. Wir haben den Strom über dicke Kabel verlegt, für die Lampen an der Decke. Ein paar von denen klettern dann an den Kabeln nach oben. Die hängen kopfüber an der Decke und warten, bis einer unten vorbeikommt, und dann lassen die sich fallen und landen direkt in den Kapuzen. 

Doch der Text weist auch Probleme auf. Die Klassenmerkmale, die hier aufgerufen werden, sind allesamt nach schon lange bekannten Mustern gestrickt.

Deswegen ist der Text aber nicht schlecht. Denn Thul hat die gängigen Motive in seinem nachdenklichen Text geschickt arrangiert. Die Ratten geben uns weiterhin zu denken.

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