AnnPhie Fritz: Nacht. Starre

© Natalia Reich

Die Realität ist durchzogen von Abgründen. Die Fantasie geht mit uns durch, wenn der Druck überhand nimmt. In AnnPhie Fritz’ Text Nacht. Starre. folgen wir der Protagonistin durch eine nächtliche Gedankenreise, die immer wieder in einen grausamen Albtraum abrutscht.

Sätze wie Pfeilspitzen ohne Widerhaken, die Löcher bohren, ohne weh zu tun, die sich tief ins Gehirn bohren, aber sofort wieder rausrutschen. Reibungslos, rückstandslos, bis auf diese kleinen brennenden Löcher, die sie zurücklassen. 

Der Text montiert verschiedene Elemente ineinander, die im Kopf der Protagonistin schwirren. Da sind Aufgaben, die nach Erledigung verlangen. Immer wieder drehen sich diese um das Ende, um Aufgeben, Loslassen, tote Gedanken und vergessene. Sie sind umweht von morbider Dunkelheit.

Und dann ist da ein Film, den sie im Kopf montiert. Ein durchaus absurder Film ist das, es gibt viele, nur lose zusammenhängende Einstellungen und Sequenzen. Nachdenken über patriarchale Strukturen etwa. Eine Frau in einem Amphitheater in der Türkei. Und wohl am eindrücklichsten über ein Kind, dessen Häschen gerissen werden, und das letzte getötete Häschen veranlasst sie, zu einem ätzenden Monolog anzusetzen, der den tiefsten Abgrund überhaupt aufreißt und die Dunkelheit komplett werden lässt.

Nacht. Starre. ist ein höchst emotionaler Text, der mit seinen ineinander montierten Elementen multiple Schreckensszenarien verschränkt. Sind das Erinnerungen an reale Erlebnisse, an Filme oder Imaginationen im Angesicht alltäglicher Panik? In jedem Fall steht die Angst vor patriarchaler Gewalt im Vordergrund, so viel ist klar.

Ansonsten ist der Text von Fritz wenig greifbar, im Guten wie im Schlechten. Denn so emotional der Text wirkt, ist er auf einer rationalen Ebene nicht ganz so leicht zugänglich. Damit macht er sich etwas unantastbar, entzieht sich den Leser:innen vielleicht eine Spur zu weit, um über die teilweise krassen Szenen hinaus langfristig zu wirken.

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