Open Mike 2012 – Presse, Kritik, Diskurs (Vorjahre)

von Stefan Mesch, Open-Mike-Blogger und Finalist/Autor

(Auf dem Open Mike lesen und drüber bloggen? Darf der das…?)

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Als “embedded Blogger” und Journalist begleite ich den 20. Open Mike in kurzen, persönlichen Blog-Snapshots.

Bevor es heute – Samstag, 14 Uhr, im Heimathafen Neukölln; Eintritt frei – losgeht…

noch einmal (urspr. gebloggt hier):

Ein Pressespiegel / eine Montage über 20 Jahre “Open Mike”, und die großen Stärken, Schwächen, Probleme und Sternstunden des Wettbewerbs.

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“Alle waren sie da, und jedes Jahr werden es mehr. Für Verleger, Literaturagenten, Scouts und Medien gibt es im November einen denkbar effizienten Termin. Beim Lesewettstreit “Open Mike” lässt sich in der Literaturwerkstatt […] an einem Wochenende ein repräsentativer Eindruck davon gewinnen, was landauf, landab gedacht und geschrieben wird.” Steffen Richter, Die Welt, 2001
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“Sechs Lektoren aus renommierten deutschsprachigen Verlagen entschieden über die Finalisten, die an diesem Samstag und Sonntag in Berlin vor Jury und Publikum die Endrunde bestreiten. 15 Minuten hat jeder der 23 Autoren Zeit, seine Geschichte oder sein Gedicht vorzutragen.” Maar, Lauterbacher Anzeiger, 2011
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“Mitte der Neunziger begannen bei diesem Wettlesen die Karrieren von Karen Duve, Kathrin Röggla, Julia Franck oder Terézia Mora. 2001 war mit den Preisträgern Nico Bleutge und Tilman Rammstedt noch einmal ein großes Jahr. Danach aber blieb die Durchschlagskraft begrenzt […] Zum Teil mag es an der gesunkenen Nachfrage nach Debütanten liegen. Der Hype der jungen deutschen Literatur vor zehn Jahren war eben die Ausnahmesituation.” Wolfgang Schneider, FAZ, 2008
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“Bei über 100.000 deutschsprachigen Neuerscheinungen jährlich ist die Konkurrenz beträchtlich, und so waren die diesjährigen Autoren vor allem darum bemüht, alles richtig zu machen. […] Beim literarischen Nachwuchs herrscht derzeit Innerlichkeit vor, die Beschäftigung mit der Vergangenheit und die Suche nach dem eigenen Weg. Gesellschaftskritik steht nur selten, politischer Protest leider gar nicht auf dem Programm.” Cornelius Wüllenkemper, Deutschlandradio, 2011
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“Politische oder historische Themen vermisst man indes. Lektor Dirk Vaihinger würde das keinem der unter 35-jährigen vorwerfen: Die Jungautoren entwickeln noch ihren eigenen literarischen Ton. Die großen Themen kommen später.” Elena Phillipp, Die Welt, 2010
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“Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – und der war hier spürbar. Man erlebte Talente, die noch keine Routinen ausgebildet haben, die ihr Formgefühl und Welt-Bild gerade erst entwickeln. Solche ersten Schwimmzüge sind etwas ganz Besonderes. Auch wenn den Beteiligten meist klar war: Das muss noch besser werden.” Wolfgang Schneider, FAZ, 2009
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“In den besten Stunden des Open Mike kann man atemberaubend Zeuge werden, wie ein Schriftsteller die Welt betritt. Das sind 15 Minuten, die man nicht vergisst: als vor zwölf Jahren Karen Duve hier zum ersten Mal las, später Julia Franck oder Terézia Mora und zuletzt noch einmal fulminant, vor zwei Jahren, Kirsten Fuchs.” Jana Hensel, Die Welt, 2006

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ZEIT online: Simon, ein Wort zu den anderen Teilnehmern: Konkurrenz oder Kollegen?

Simon Urban: Der Wettbewerb ist eine freundliche Angelegenheit. Natürlich befindet man sich in einer Konkurrenzsituation, aber es ist eine harmonische Konkurrenzsituation.

Kathrin Schadt, ZEIT Online, 2007

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”Im Publikum drängten sich Lektoren, Literaturagenten und Talent-Scouts zu Dutzenden. Diejenigen, die ohne Preis nach Hause gehen mussten, können sich daher trotzdem zu den Gewinnern zählen. Im 19. Jahr seines Bestehens reicht oft schon die Teilnahme am “Open Mike”, um eine literarische Karriere zu beflügeln.” Vanja Budde, Deutschlandradio Kultur, 2011
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Simon Urban: Der Open Mike ist natürlich ein Viehmarkt, aber es kann ja jeder selbst entscheiden, ob er zum Vieh gehören möchte oder nicht. Wer gelesen werden will, muss also auch mal das Vieh sein können. Außerdem macht das ja durchaus Spaß, vor so einer Kulisse. Kathrin Schadt, ZEIT Online, 2007
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“Das Setting für die Lesungen ist hervorragend; das Bühnenlicht weich, das Publikum ist aufmerksam, klatscht sehr gerne und feiert – zu Recht – mehr Texte als es Preise gibt. Ich war ziemlich lange nicht mehr bei solchen Wettbewerben und wundere mich darüber, dass es keine Dissonanzen zu geben scheint, keine Fraktionierungen, keine Ablehnung des Betriebs etwa seitens der Autoren; dass das Etwas-toll-Finden nicht wie früher so oft von der entschiedenen Ablehnung eines anderen begleitet wird. Höchstens gibt es mal ein vorsichtiges Nichts-damit-anfangen-Können.” Detlef Kuhlbrodt, taz, 2011
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“[Trichtert man etwa allen] Open-Mike-Teilnehmern [ein], dass man sich bei Wettbewerben keinesfalls bewegen darf, sondern seine Werke sitzend und in artigen, subtil intonierten Stimmlagen vorzutragen hat? […] Etwas mehr raumgreifende Rotzigkeit seitens der Lesenden wäre beim Publikum bestimmt prima ankommen.” Brigitte Preissler, Frankfurter Rundschau, 2010
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“14 Uhr: Die letzten Lesenden stehen aufgeregt zwischen den Zuschauern, die wechselweise rauchen, herumstehen, Kaffee oder Wein trinken, diskutieren, Wetten abschließen. Dann wieder hinein ins Gedränge, der letzte Leseblock, überall schwappt das Adrenalin auf den Boden. Auf keinen der Vorträge kann ich mich richtig konzentrieren, ich verliere die Satzenden, stückele mir die Texte zusammen, nehme noch eine Schmerztablette, die Leute strömen nach der letzten Lesung wieder aus dem Saal, sibirische Kälte und Nieselregen setzen ein.” Anne Köhler, Süddeutsche Zeitung / jetzt.de, 2008
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“Man muss es leider so konstatieren: Humor, Sprachgewalt, Mut und Bösartigkeit waren rar gesät im Teilnehmerfeld. […] Mut zum Risiko, experimentelle Schreibweisen, jede Form von Diskurswissen oder Weltgewandtheit, wie sie beispielsweise auf der Longlist zum diesjährigen Deutschen Buchpreis weithin vertreten war: Fehlanzeige. […] Wie das Publikum, so das Wettbewerberfeld: konzentriert, aufmerksam, brav und bieder. Jung und uninteressant.” René Hamann, taz, 2010
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“Man könnte sagen, dass 20-jährige Deutsche noch nie auf einem breiten Niveau so gut schreiben konnten wie heute, aber so wenig mitzuteilen haben wie nie zuvor. Auch Maxim Biller klang im Schlusswort der Jury mutlos: “Es gab keine Geschichte, von der ich hätte wissen wollen, wie sie ausgeht.”” Jana Hensel, Die Welt, 2006
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“Das muß wohl grausam sein: immer wieder Ich-Geschichten; offenbar ist die Bereitschaft, sich eine Figur auszudenken, bei den meisten Jungautoren nach wie vor gering ausgeprägt. Aber Lektoren lesen anders. Vor allem lesen sie mehr, als im Manuskript steht. Wo Kritiker nur die Mängel des fertigen Produkts sehen, nimmt der Lektor beglückt die Anfänge eines Autors wahr. Das Vergnügen des Lektors sind „Texte, die unterwegs sind“, wie Patricia Klobusiczky vom Rowohlt Verlag glaubhaft versicherte.” Wolfgang Schneider, FAZ, 2004
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mehr Infos:

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Teilnehmer 2012:

Verena Boos, Yevgeniy Breyger, Vera Buck, Thomas Dörschel, Sandra Gugic, Verena Güntner, Juan S. Guse, Ann-Christin Helmke, Alina Herbing, Joey Juschka, Sascha Kokot, Juliane Link, Nina Lörken, Stefan Mesch, Martin Piekar, Friederike Scheffler, Nadja Schlüter, Kerstin Schubert, Michael Spyra, Arne Vogelgesang, Linus Westheuser und Tristan Marquardt

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