Saskia Warzecha, Lea Wintterlin, Christof Zurschmitten & Özlem Özgül Dündar
Saskia Warzecha
Woran schreibst Du gerade?
An einem Zyklus namens »diphthonge«. Und, mit meinem guten Freund und Kollegen Alexander Kappe, an einem Konzept für eine Lyrikzeitschrift.
Was ist Literatur für Dich?
Eine Möglichkeit, näher an die Dinge zu kommen.
Deine gegenwärtige Geistesverfassung?
Wach. Und ruhig.
Erster Satz Deiner open mike-Texte?
saugen in glasigen tropen am hohlen haar.
Saskia Warzecha, geboren 1987 in Peine. Studium der Computerlinguistik in Potsdam, anschließend Sprachkunst in Wien und bis 2016 Literarisches Schreiben in Leipzig. Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturzeitschriften. Mitherausgeberin der »Tippgemeinschaft 2016« sowie der im poetenladen Verlag erscheinenden Lyrikanthologie »Ansicht der leuchtenden Wurzeln von unten«. Arbeitet im Bereich Sprachtechnologie/Künstliche Intelligenz in Berlin.
Saskia Warzecha wurde ausgewählt von Daniela Seel.
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Lea Wintterlin
Was liest Du gerade?
Den neuen Harry Potter und den Faust (weil er sich so schick auf dem Nachttisch macht).
Woran schreibst Du gerade?
An einem Text, von dem ich im Moment vor allem den Titel habe: »Goldangst«. Es soll um Bogenschießen und Liebe gehen.
Was bedeutet Literatur für Dich?
Eine gute Mischung aus Drinnen und Draußen (in einer anderen Figur zu sein und doch man selbst, das ist ein schöner Zustand).
Wer sind Deine literarischen Helden?
Pu der Bär, Holden Caulfield
Wem erzählst Du Deine Geschichten?
Niemandem, ehrlich gesagt. Ich erzähle nicht so gerne Geschichten und auch beim Lesen/Schreiben sind mir die Geschichten nicht am Wichtigsten. Interessanter finde ich einzelne Sätze, die eine Empfindung, eine Situation, eine Person gleichzeitig präzise fassen und ihr trotzdem noch ein Geheimnis lassen.
Deine gegenwärtige Geistesverfassung?
Herbstlich
Erster Satz/Vers Deines open mike-Textes?
»You are going to live in Sweden, I think.«
Lea Wintterlin wurde 1988 in Berlin geboren, studierte Philosophie und Germanistik in Tübingen und Berlin. Sie arbeitet als freie Rezensentin für das Philosophiemagazin und seit November 2016 als Storylinerin bei Berlin Tag & Nacht.
Lea Wintterlin wurde ausgewählt von Albert Henrichs.
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Christof Zurschmitten
Was liest Du gerade?
Roberto Bolaños Die wilden Detektive, Alan Moores Jerusalem und Sunless Sea von Failbetter Games. Außerdem Reiseführer und, aus einer morbide Angstlust heraus, viel zu viele Artikel über die Präsidentschaftswahlen in den U.S.A.
Woran schreibst Du gerade?
Für gewöhnlich: An unregelmäßigen Artikeln zu Kultur im weitesten Sinn und an dem, was der Arbeitsalltag an Schreibaufgaben bereithält.
Für mich ungewöhnlich: Kollaborativ mit zwei Freunden an einer Road Story, die gerade einen Zickzackkurs zwischen Materialsammlung und Schreibphase fährt. (Vielleicht fahren wir sie an die Wand, aber die Reise ist momentan sehr unterhaltsam.) Und, wie es sich für eine solche Antwort gehört, an einem viel zu ambitionierten Roman, als dass er jemals fertig gestellt werden könnte.
Was bedeutet Literatur für Dich?
Ein Medium der Wahrnehmung von Welt und Welten, vermutlich? Und sogar eines der feinsten, der unmittelbarsten, der unkompliziertesten (beim Erstellen) und großartig komplexesten (beim Lesen). Und ich müsste lügen, wenn ich verschweigen würde, dass sie auch verteufelt gute Unterhaltung bieten kann (beim Lesen und Erstellen).
Wer sind Deine literarischen Helden?
In Sachen literarische Schöpfungen oder literarische Schöpfer? Nehmen wir den Mittelweg: ›Ich‹ in David Foster Wallaces Reportagen und Essays, von dem ich sehr vieles gelernt habe, über das Schreiben und den Rest (und zweifelsohne mehr gelernt hätte, wäre ich ein besserer Schüler). Oder Andrzej Stasiuks Stimme in seinen nicht-fiktionalen Texten (gerade dort, wo diese in jener typischen Weise ins Fiktionale übergleiten, die ich von meiner katholischen Heimat kenne). Aber ich fürchte, ich bin insgesamt ein sprunghafter Leser, der eher in Büchern denkt als in Heldinnen oder Helden.
Wem erzählst Du Deine Geschichten?
Idealerweise? Jemandem, der oder die einige Bücher, Filme, Bands und TV-Serien gemocht hat, die ich auch mochte, schlauer ist als ich (aber nett genug, mir das nicht übel zu nehmen), und ähnliche Dinge ernst nimmt wie ich, wenn wir auch beide zusammen darüber lachen können.
Realistischerweise? Erzähle ich nicht allzu häufig Geschichten im engeren Sinn und bin auch nicht sonderlich wählerisch beim Publikum. »Wer immer zuhören oder mitlesen mag« klingt vermutlich schnippisch, ist aber gänzlich frei von Zynismus gemeint. (Zumal es häufig meine Frau und Freunde sind, die alle genannten Kriterien erfüllen.)
Deine gegenwärtige Geistesverfassung?
Washington.1
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1 Gemäß Geistesverfassungstest für America’s Mood Map.
Erster Satz/Vers Deines open mike-Textes?
Im Nachhinein waren wir überrascht darüber, dass es nicht die Schreie der Tiere waren, die uns in Erinnerung bleiben sollten.
Christof Zurschmitten, geboren 1982 in Mörel in den Schweizer Alpen. Studium der Germanistik, Geschichte und Medienwissenschaft in Bern und Berlin. Arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule in Bern, wo er auch lebt. Veröffentlichungen (v.a. feuilletonistischer Art) in zahlreichen Offline- und Online-Publikationen.
Christof Zurschmitten wurde ausgewählt von Marion Kohler.
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Was liest Du gerade?
tausend sachen und nichts. meist lese ich kein buch am stück. diese fähigkeit ist mir abhanden gekommen. lesen tue ich immer vieles gleichzeitig. mal das eine buch oder das andere, je nach tageslaune. viel lese ich texte, die gerade im entstehen sind von freundInnen und kommilitonInnen. bücher, die ich die letzten monate angefangen habe, sind von tezer özlü „yașamın ucuna yolculuk“ und von alina bronsky „baba dunjas letzte liebe“ und jonathan böhms „mandana“ und katja petrowskajas „vielleicht esther“. zuletzt haben mich sehr beeindruckt natalia ginzburgs „so ist es gewesen“ und agota kristofs „das große heft“.
Woran schreibst Du gerade?
so wie ich lese, schreibe ich auch an mehreren sachen gleichzeitig: an einem neuen gedichtzyklus, an einem roman, aus dem der eingereichte text ein auszug ist, an zwei theaterstücken, an einem essay, an einer kurzgeschichte, an einem drehbuch.
Was bedeutet Literatur für Dich?
ein kampf mit sich selbst, entblößung, ausdauer, demütigung, verletzbarkeit, zeit, ganz viel zeit, im stillen eine kleine freude, wenn auf dem papier oder bildschirm etwas unerwartetes passiert, das mich überrascht.
Wer sind Deine literarischen Helden?
hab ich nicht oder vielleicht harry potter???
Wem erzählst Du Deine Geschichten?
familie, freundInnen und anderen autorInnen.
Deine gegenwärtige Geistesverfassung?
geht.
Erster Satz/Vers Deines open mike-Textes?
Wir laufen ihr hinterher und finden raus, wo sie wohnt.
Özlem Özgül Dündar, 1983 in Solingen geboren, studierte Literatur und Philosophie in Wuppertal. Derzeit studiert sie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und arbeitet als Übersetzerin. Auslandsaufenthalte in Irland, Paris und Istanbul. Sie war Teilnehmerin der Darmstädter Textwerkstatt. Mitherausgeberin der Anthologie Tippgemeinschaft 2016. Aktuell Mitarbeit bei PS-Politisch Schreiben. Sie schreibt Lyrik, Prosa und Theaterstücke und publiziert in Zeitschriften/Anthologien. Sie erhielt den Wolfgang- Weyrauch-Förderpreis und Retzhofer Dramapreis 2015.
Özlem Özgül Dündar wurde ausgewählt von Marion Kohler.