Patrick Holzapfel: Gurgelgeräusche

Wenn ein Text neugierig auf die Performance macht, dann ist es der von Patrick Holzapfel. Ein Text, voll von Geräuschen des Spuckens, Schluckens und Gurgelns, aber auch voll von Politik und Humor.

Ein ehemaliger, älterer Landwirtschaftsbeauftragter liegt in seinem Bett. Er hat keine Stimme mehr, da er unter einer körperlichen Fehlfunktion leidet: einer Speichelüberproduktion. Sein Leben ist nun nur noch bestimmt vom Gurgeln, einmal morgens und einmal abends – je zwei Minuten. So philosophiert der Protagonist über sein Leben mit dem Gurgeln.

Der Rachen ist eine Tabuzone. Oralverkehr und Halsschmerzen. Das gehört sich nicht.

Das Originelle, ja das durchaus Geniale an Gurgelgeräusche ist, dass der Text mit einem tabuisierten banalen Thema arbeitet und gleichzeitig das Leben, den Tod, eine einfache Figur, Menschen, Körper und gerade auch die Politik, das politische Handeln und das Runterschluckenmüssen als Politiker:in mit der Handlung verbindet. Das klingt erst einmal nach viel. Aber der Autor bindet diese Themen sprachlich präzise in den Gedankenstrom des witzig, humorvoll und selbstironisch wirkenden Protagonisten mit ein.

Mein Körper ist nichts anderes als ein einstürzender Tunnel. Geschieht ihm recht, werden sich viele denken. Manche ekelt es vor dem Gurgeln, vor dem Gurgelgeräusch. Es ist, als würde der Körper selbst sprechen. Dabei haben wir doch gelernt, unsere Körpergeräusche zu unterdrücken. Benehmt euch! Furzen, Rülpsen, Schnäuzen, Husten, Magenknurren, knackende Gelenke, Schmatzen, gegeneinander reibende Zähne und Gurgeln. Wir wollen doch nicht verraten, dass wir lebendig sind. 

Es ist kaum möglich, Patrick Holzapfel nicht mit jedem gurgelnden Satz zu folgen, an seinen Lippen zu hängen, ihm und den Gedanken zum Gurgeln zu folgen. Aber auch die starke Lesung von Patrick Holzapfel wird Gurgelgeräusche definitiv gerecht. Mal lacht, mal schmunzelt, mal grinst man als Zuhörende:r, ganz allein aufgrund der Bilder, die mithilfe des Textes aufgemacht werden. Immer wieder stolpert man ganz zufällig über prägnante Sätze, die diesen Text dynamisch und besonders machen.

Ich weiß, dass ich noch lebe, wenn ich gurgle. Ich sterbe, aber lebe noch. Ich gurgle. Salbei hauptsächlich.

Gurgelgeräusche ist so originell, dass er im Kopf bleibt, dass man ihn mehrmals Lesen könnte, und es würde einfach nie langweilig werden, dass man sich mehr und mehr davon wünscht. Patrick Holzapfel hat mit seinem Text etwas Neues, Mutiges gewagt, das in jeder Hinsicht funktioniert. Dieser Text ist in seiner Einzigartigkeit großartig und genial.

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