Cornelia Hülmbauer: „MAU OEH D“

Düster und verstörend – das sind die Attribute, die ich mit nach Cornelia Hülmbauers MAU OEH D assoziiere. Ihre zehn Gedichte muten wie morbide Kinderreime oder -lieder an, auch wenn Daniela Seel in ihrer Einführung unterstreicht, dass es in ihrem derben Sprachgebrauch keine seien.

Hülmbauer trägt ihre Gedichte angesichts des harten Vokabulars mit vergleichsweise gelassener Stimme vor. Eine bekannte Thematik wird aufgedröselt: Familiengeflechte. Familiengeheimnisse. Familiengewalt. Die Figuren, die hier entstehen, könnte man sich gut im Hotelsetting von The Shining vorstellen. Wie sie sich gegenseitig jagen, voreinander fliehen, sich foltern, sich erbarmen.

die mutter sagt zum rocksaum zipferl
die mutter säugt dich lange nicht
die mutter näht im zickzackstich
die mutter zieht am zünder

Fragen, die auftauchen: Prostituiert die Mutter sich? Missbraucht der Vater die Mutter? Missbraucht der Onkel ein Kind? Tötet die Mutter den Onkel? Da Daniela Seel zu Beginn zudem von „Österreich“ spricht, frage ich mich plötzlich, ob hier vielleicht auch auf den Inzestskandal um Josef Fritzl angespielt wird. Eine Anspielung, die einmal mehr Gänsehaut aufkommen lässt. Die Titel dieser Konzeptlyrik bleiben als Fragezeichen stehen – oder als Laute, die die Familie nur noch ausstoßen kann, weil sie sonst zu keiner Handlung mehr fähig ist. Der märchenhaft brutale Schmerz, der den Versen eigen ist, bleibt hängen. Die Gedichte verharmlosen nichts und erzählen ganz lapidar diese verstörende Geschichte. Darin schließe ich mich Daniela Seel gerne an.

der onkel nimmt dich untern arm
der onkel will nur spielen
der onkel sperrt dich in den kasten
der onkel tut nichts tu er wohl

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