Die Kandidat:innen des 30. open mike | Annegret Liepold und Pauline Meurer

Annegret Liepold

Annegret Liepold
Annegret Liepold © Vanessa Mönius

Wie kamst du darauf, dich beim 30. open mike zu bewerben?

Ich hatte einen Text in der richtigen Länge, der zum richtigen Zeitpunkt eine Form bekommen hat. Und natürlich habe ich mich schon einmal beworben, aber jetzt mehrere Jahre nicht, weil das Bewerben meinem Schreiben auch nicht immer nur gut tut.

Erster Satz deines open-mike-Textes?

Die Waren laufen noch übers Transportband, aber der Einkauf ist schon auf meinem Handy aufgelistet Bananen 2,38 H-Milch 1,89 Haferflocken gut&günstig 0,59 Tomaten, feingehackt 3×0,89 Steinofenpizza 2,59 Rosé, trocken 3,49.

Wann und wo schreibst du am liebsten?

Am liebsten dann, wenn keine Termine in Sicht sind, wenn »frei« ist. Nach dem Motto: Wirklich frei ist, wenn der übernächste Tage auch noch frei ist. Leider macht es selten Sinn, auf den Idealzustand zu warten. Wo, ist egal. Ich pendle öfter zwischen Stadt und Land. Was aus der Ferne wie ein Nach- oder Vorteil aussieht, dreht sich beim Schreiben um. In der Stadt ist mein Arbeitsplatz ca. 1 qm groß, und ich starre an eine Wand. Sich hinzusetzen ist schwer, aber dann klebe ich fest. Am Land kann ich vom Schreibtisch aus dem Fenster blicken, nichts lenkt ab. Oft sitze ich einfach nur da, ohne den Laptop überhaupt aufzuklappen.

Und was läuft dazu im Hintergrund?

Meistens brummt nur der Kühlschrank. 

Wer liest deine Texte zuerst?

Ich selbst, laut. Und es gibt Freundinnen, mindestens zwei, die sehen, was ich übersehe. 

Was bedeutet Literatur für dich?

Etwas, das sich nicht auflösen und einspeisen lässt, das nicht aufgeht. Ein Rest, der sich querstellt und hakt. Das heißt nicht, dass sie anstrengend, schwer, bedeutungsschwanger sein muss. Ganz im Gegenteil, es kann auch ein Hüpfen sein.

Schon aufgeregt vorm Auftritt? Wie bereitest du dich vor?

Eher vorfreudig. Würde ich mich zu sehr vorbereiten, würde ich wahrscheinlich doch aufgeregt werden.

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

Auf Austausch; Gespräche; die Texte der anderen; Freund*innen, die mitkommen

Dein aktueller Buchtipp und warum?

Sehr, sehr gut: Slata Roschals 153 Formen des Nichtseins. Und prägend für mein Lesejahr: Die Heilige Schrift I von Wolfram Lotz, ein mäandernder Fluss, in den man den Zeh stecken und Verbneuschöpfungen angeln kann.

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

So ungefähr sehen die Wände aus, die sich uns in den Weg stellen, wenn wir nichts tun wollen, wenn wir faul sein wollen, wenn wir schreiben wollen. Gleichzeitig wird uns suggeriert, dass wir gar nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern nur nach links, die Treppe hoch müssen. Es gibt für jedes Problem eine Lösung. Und wer sie nicht findet, ist selbst schuld. Darum geht’s unter anderem in dem Stück Abarbeiten sich, an dem ich gerade mit einer Freundin, der Lyrikerin Elena Kaufmann, arbeite.

Annegret Liepold, geboren 1990, hat Komparatistik und Politikwissenschaft in München und Paris studiert. Ihr erstes Romanprojekt erhielt 2019 ein Nachwuchsstipendium der Stadt München, sie war Teilnehmerin der Romanwerkstatt der Jürgen-Ponto-Stiftung (2019) sowie der Werkstatt im Literaturforum des Brecht Hauses (2022). Ihre Texte wurden hier und da veröffentlicht, sie arbeitet am Literaturhaus München und als Dramaturgin in freien Theaterproduktionen. Annegret Liepold wurde ausgewählt von David Frühauf.

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Pauline Meurer

Pauline Meurer
Pauline Meurer © Studio Monbijou

Wie kamst du darauf, dich beim 30. open mike zu bewerben? 

Durch eine sehr gute Buchhändlerin bin ich erst auf das Haus für Poesie, dann auf den open mike gestoßen. 

Erster Satz deines open-mike-Textes? 

Ich reiße Gras ab, schwerer, als man denkt.

Wann und wo schreibst du am liebsten? 

Nachts im Bett

Und was läuft dazu im Hintergrund? 

Am besten gar nichts; etwas Berliner Straßenlärm meistens

Wer liest deine Texte zuerst? 

Mein Freund und die Vorjury

Was bedeutet Literatur für dich? 

»Books are solitudes in which we meet.« (Aus: The Faraway Nearby von Rebecca Solnit)

Schon aufgeregt vorm Auftritt? Wie bereitest du dich vor? 

Klar, sehr aufgeregt. Ich nehme mich beim Vorlesen auf und versuche, die Scham für meine Texte und das Schreiben abzubauen. 

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an das Wettbewerbswochenende denkst?

Auf den Moment nach dem Lesen. Und auf die Gespräche natürlich auch. 

Dein aktueller Buchtipp und warum?

The Faraway Nearby von Rebecca Solnit. Sehr klug und sehr schönes Cover. 

Schick uns ein Bild von einem Ort oder Gegenstand, der dich zuletzt zum Schreiben animiert hat.

Pauline Meurer, geboren 1996 in Rosenheim, lebt in Berlin. Sie studiert Medizin und promoviert im Bereich sexueller und reproduktiver Gesundheit. Pauline Meurer wurde ausgewählt von Jörn Dege.

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