Wir nennen es Debatte

 

Fast schien sie verglüht, da flammt die von Florian Kessler in der Zeit angebrannte Debatte über die deutsche Gegenwartsliteratur und das sie prägende Monomilieu doch noch einmal auf.  Jakob Hayner kritisiert in der Jungle World Enno Stahls Realismusbegriff, und er bemängelt, dass Kessler auf unanalytische Weise Fragen der Ästhetik und der Soziologie vermenge: „Wird diese Unterscheidung unterlassen, so wird Identität zum Ersatz der Analyse“. Ordentlich angeheizt wird das Feuilletonfeuerchen auch vom wie immer provokationsaffinen Maxim Biller, der die nicht-autochthonen Autoren im Zwang zur Assimilation sieht: Sie würden „hier mal verhöhnt, mal verhätschelt, jedoch nie als Gleichberechtigte und willkommene Veränderer behandelt“; das „harmoniesüchtige, postnazistische und vereinte Deutschland [erwarte] von ihnen noch mehr als von jedem seiner indigenen Künstler und Bürger …, dass er (!) sich an den deprimierenden, pseudoliberalen Angela-Merkel-Konsens anpasst“.

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Dietmar Dath entgegnet ihm versöhnlich-selbstkritisch, in seiner Rolle als „das fade, keinen unerwarteten nichtdeutschen Belastungen ausgesetzte Weißbrot“, das gerne herausgefordert und in Frage gestellt werden möchte – und hat, ähnlich wie Hayner in der Jungle World, die zündendste Idee seit Start der Debatte: „Das Allerbeste an der Literaturdebatte, die Biller will, ist der Umstand, dass sie sich als Literaturdebatte allein gar nicht führen lässt.“ Anja Seliger vom Perlentaucher ist dennoch der Meinung, dass hier lediglich zwei saturierte Literaturbetriebler ihre altbekannten Argumente ausbreiteten und die üblichen Verdächtigen platt machten: „Seitdem bewegt sich niemand mehr“. Na denn: weiterhin fröhliche Keilerei!

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