Beschreib‘ mich über’n Schreibtisch | Die Blogger*innen II: Nefeli Kavouras, Juliane Noßack & Stefan Diezmann

Teil 2 der Deskologie der Blogredation steht an. Mit Nefeli Kavouras, Juliane Noßack und Stefan Diezmann zeigen drei alte Hasen neue Facetten bei der Selbstvorstellung.


Nefeli Kavouras

Helene über Nefelis Schreibtisch in regular, Nefeli dazu in fett:

Nefelis Schreibtischoberfläche ist glatt und schwarz. Nichts scheint sich darauf zu befinden, das nicht benötigt würde. Nefeli weiß genau, was sie tut und was sie braucht. Was sie auf jeden Fall braucht, ist viel Energie, das verrät die Dreifaltigkeit ihrer Getränkeauswahl: An den Kaffee (schwarz mit Zucker?), den Nefeli jeden Morgen trinkt, um wach zu werden, erinnert nur noch dunkler Satz in einer filigranen Sammeltasse. Vom Tee daneben ist noch ein halbes Glas übrig. Nefeli sieht es nicht ein, sich zwischen Kaffee und Tee zu entscheiden. Warum auch, wenn man beides haben kann? Die wichtigere Frage dabei ist doch: Ist dein Teeglas eher halb voll oder halb leer, liebe Nefeli? 

Tatsächlich ist mein Teeglas weder leer noch voll, sondern gar nicht erst da! In dem Glas ist nämlich kein Tee mit Teebeutel, sondern RedBull mit einem gigantischen Eiswürfel. Ich habe während meiner Abschlussarbeit mit dem Trinken von EnergyDrinks angefangen und bin leider nun auf den Geschmack gekommen. Und ich finde, dass es ein bisschen aussieht wie Whisky auf Eis! Aber ansonsten hast Du recht: Espresso mit Zucker ist mein Standardschreibtischgetränk. 

Wenn es spät wird und dunkel und die Müdigkeit sich langsam in Nefelis Kopf ausbreitet, steht immer eine Dose RedBull in greifbarer Nähe, die ihr Kraft gibt, bis in die Nacht Buchstabenkombinationen in die Tastatur ihres MacBooks zu hämmern. Denn Nefeli ist so nachtaktiv wie die kleinen Gummi-Fledermäuse, die ihre langen Arbeitstage versüßen. Eine wichtige Eigenschaft, wenn man, wie Nefeli, in der Kulturbranche arbeitet.

Ich muss hier kurz einlenken und meinen Kiosk des Vertrauens grüßen. Dort liegen sämtliche Gummitierchen aus und ich hole mir gern nach Feierabend eine kleine Tüte, die ich dann nasche. Am allerliebsten mag ich lange saure grüne Schnüre. 

Könnte es sein, Nefeli, dass du möglicherweise-eventuell-vielleicht etwas mit Büchern machst? 

Möglicherweise! 

Davon stapeln sich nämlich drei Exemplare, ordentlich angeordnet und geduldig darauf wartend, gelesen oder rezensiert zu werden. Wenn es dann soweit ist, setzt sich Nefeli ihre Lesebrille auf und lässt ein bisschen Musik im Hintergrund laufen (vielleicht Hip-Hop Beats oder Jazz oder irgendetwas Elektronisches, um trotzdem noch in ihrer Literatur versinken zu können). 

Leider bin ich nicht cool genug, um HipHop oder Jazz zu hören. Ich habe diverse zusammengebastelte Spotify-Playlists, die mich beim Arbeiten unterstützen, eine Playlist heißt zum Beispiel „it’s 3am and i have to work“, die habe ich mit 15 Jahren erstellt, als ich noch schnell in der Nacht ein Bild für den Kunstunterricht zu Ende malen musste.  

Doch Nefeli sitzt nicht immer koffeingeladen an ihrem Schreibtisch, sie ist auch gern draußen unterwegs. Wind und Wetter können Nefeli nichts anhaben, zumindest nicht ihren Händen, denn Handcreme ist ihre ständige Begleiterin. Auch sonst ist Nefeli mit ihrem Schweizer Taschenmesser auf (fast) alles top vorbereitet. Kein Campingurlaub, keine verkorkte Flasche und kein unlösbar scheinendes Problem bringen sie aus der Ruhe, denn Nefeli weiß sich und allen anderen stets zu helfen.

I try! Das Taschenmesser habe ich von meinem Vater geklaut. Ich dachte nie, dass ich ein Taschenmesser bräuchte, bis ich es beim Familienbesuch einfach einsteckte. Jetzt ist es ein treuer Begleiter, aber den Zahnstocher habe ich noch nie genutzt! 


Juliane Noßack

Anne über Julianes Schreibtisch in regular, Juliane antwortet in fett:

Julianes Schreibtisch ist kein Arbeitsplatz, sondern ein vielstimmiges Orchester der Möglichkeiten. Im Zentrum – das aktuelle Stück. Ein ganzer Packen Textausdrucke, scheinbar kurz davor, kommentiert und dirigiert zu werden. Mit dem Füller, der nicht daneben liegt, sondern mitten drauf – bereit, gleich kratzend über die Zeilen zu streichen.

Oh ja, kritzkratz – natürlich nur bei ungeübter Füllfederhaltung –, und schon sind die open-mike-Texte kommentiert.

Von ihm aus geht der Blick geradewegs zum wichtigsten Instrument: eine kleine Ansammlung von Soft Cakes, quasi die erste Geige im Spiel um den Zuckerspiegel. Sobald sich der Stift hebt, sind sie einsatzbereit, den Zuckerrausch zwischendurch in die Höhen zu treiben.

»So unverhofft soft …« Nichts geht über Soft Cakes, NICHTS!

Direkt daneben: ein schmaler Stapel guter Lektüre. Die gibt Juliane Halt auf dem wackeligen Pfad in Richtung literarischem Gipfelsturm, sozusagen ein Leitfaden in mahnendem Pink, was gibt den Ton an, was ist Trash? »Durchhalten!« bellt dahinter im Stillen Kommissar Rex auf seinem Federmäppchen. Ein alter Freund, eine Erinnerung an so vieles Niedergeschriebenes, innen drin vielleicht noch Stifte von früher, angeknabbert und abgeknibbelt, zusammen mit neuen Schreibern, die alle Gedanken niederringen.

Meine allererste CD war von Kommissar Rex, meine erste Federtasche ebenfalls. Seit frühester Kindheit mag ich deshalb den Wiener Dialekt. Rex war und ist ein treuer Begleiter. Wuff.

Rex hält auch die Briefumschläge in Zaum, die sich euphorisch aus der Enge winden, bereit, ihre Inhalte mit der Welt zu teilen. Nicht so ganz bei der Sache sind die knutschenden Schweine, die im Halbschatten fast flöten gehen. Auch nicht gern im Rampenlicht und trotzdem immer da: ein Erinnerungsfotofetzen, der als Stütze dient, wenn all der ganze Papierkram doch mal zu erdrücken droht.

Anne, du beschreibst mein Messie-Verhalten, wenn es um Verpackungsmaterialien geht, so wunderbar poetisch. Wenn du erst meine Kammer mit den ganzen Kartons sehen könntest …

Eher die zweite Geige spielt das zwar aufgeschlagene, aber zu schlafen scheinende MacBook – oder es wartet darauf, zwischendurch ein paar Töne in den digitalen Raum zu posaunen. Für den aufmunternden Tusch in stillen Momenten sorgt der freche Kalenderspruch und ordentlich Kontra gibt Juliane nicht nur mit einem stacheligen Kaktus im Glas, sondern auch mit einem Anti-Racism-Sticker auf der Festplatte. Im Hintergrund, aber für die Gesamtkomposition nicht weniger wichtig: Das Ensemble aus Locher, Papier, Patronen, Reißzwecken, Textmarkern und Tesaroller, tetris’esk in alle Fächer verstaut.

Wenn man nur ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer hat und sich eigentlich noch ein Arbeitszimmer wünscht, ist ein Sekretär soooo praktisch. Mein eigenes kleines Büro.

Wenn es soweit ist, wird gestampft, gefaltet und gerissen, gezwickt, getrommelt und geklebt. Doch noch ist es ruhig, denn alle warten gespannt darauf, dass Juliane endlich den Stift ergreift.


Stefan Diezmann

Nefeli beschreibt:

Stefan Diezmann versteht etwas von Ordnung. Wie es sich für Menschen mit Ordnungsbewusstsein gehört, besitzt er einen Drucker, einen feingespitzten Bleistift, eine Pflanze, die grüngesund als Accessoire den Schreibtisch schmückt und sogar der Bildschirm des MacBooks glänzt. Als wäre er jemand, der sogar das Waschbecken nach dem Tellerwaschen abtrocknet. Ich meine, er besitzt sogar einen Minifilzteppich, damit der Schreibtisch nicht schmutzig wird. Doch ist er glücklich damit? Erfüllt es ihn, sein Leben so im Griff zu haben? Einzelne verstecke Hilferufe im wohlinszenierten Schreibtischbild zeichnen eine leicht verzweifelte Seite von Stefan. Er wäre gern »more sloth«, er beneidet Menschen, die morgens nicht direkt um 6:30 Uhr aufstehen, sondern 29 Mal die Snooze-Taste drücken. Eigentlich braucht Stefan keinen Kaffee, wofür er sich ein wenig schämt. Alle coolen Menschen um ihn herum sind koffeinabhängig. Deswegen trinkt er Unmengen an Kaffee, die er letztendlich nicht spürt. Manchmal täuscht er sogar einen Koffeintrip vor. Dabei schlägt Stefans Herz nie aus dem Rhythmus, sondern stets geordnet. Es geht so weit, dass sich Stefan ein Selbsthilfebuch holen musste. 

»Be more sloth«. Sucht man den Buchtitel, kommt man zu folgender Beschreibung: 

»This book reveals the six marvellous traits that you can embody to Be More Sloth and live a happier, healthier and all-round more chilled existence. Packed with practical tips and exercises, interspersed with folklore and fun facts about these furry gurus, there’s something for everyone. So hang in there, relax, and learn the art of being more sloth.«

Wäre er gern glücklicher, gesunder und entspannter? Würde er gern einmal einen ungespitzten Bleistift benutzen, mit dem man die eigene Handschrift fast nicht mehr lesen kann? Würde er lieber die ausgedruckten Blätter lose in den Rucksack quetschen, sodass sich diese knicken? Ich werde ihn weiter beobachten, im eigentlichen Neid, weil ich nicht so einen Minifilzteppich für Kaffeetassen besitze.

Stefan antwortet:

Nefeli, du hast mich überführt. Zum einen die Ordnung: Ja, die ist mir ins Mark geschrieben, so tief hinein, dass nichtmal das langsamste Dreifingerfaultier es mit seinen langen, elendig langsamen Kratzbewegungen jemals herauskratzen könnte. Zum Glück darf ich etwas später aufstehen, und ein Drucker wäre nun wirklich viel zu unordentlich – aber auch ein zweiter Punkt ist voll getroffen: Die Inszenierung. Denn natürlich ist hier alles inszeniert, denn der wahre Meister der häuslichen Ordnung hat natürlich keinen Schreibtisch, sondern trennt Arbeit und Beruf penibel. Auch wenn die Trennung immer wieder ins Leere läuft: Immerhin da macht das alles plötzlich Sinn.

Die Filzunterlegung hat mir übrigens meine Mutter geschickt, vom Kölner Weihnachtsmarkt. Sie wäre mehr als glücklich, noch mehr davon in die Welt hinauszuschicken, um uns Blogger*innen zu mehr Ordnung zu verhelfen. Da bin ich mir ganz sicher.


Hier geht’s zum ersten Teil der Blogger*innen-Vorstellung.

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