Henrik Failmezger: Salz und Öl

Ein Protagonist, der aus seinem Alltag und seiner Normalität herausgezogen wird. In der neurologischen Rehaklinik, in der er sich befindet, wiederholt sich alles, immer wieder der gleiche Ablauf, die gleiche Tagesstruktur. Immer und immer wieder.

Der Text scheint seine Struktur an den Klinikaufenthalt anzupassen. Unterschiedliche und wiederkehrende Erfahrungen bei der »Massage«, beim »Koordinationstraining« oder beim »Mittagessen« begleiten die Geschichte. Es sind die kleinen Dinge, die dem Protagonisten dabei auffallen. Ihn beschäftigt sein eigenes Leben und seine gesellschaftliche Position:

Wenn deine Neuronen gut genug sind, hier an Kaffee zu kommen, dann bist du auch gut genug für den Arbeitsmarkt, das Leben und den ganzen Rest.

Im Text von Henrik Failmezger versteckt sich ab und an eine Kritik an der derzeitigen zwanghaften Selbstoptimierung in unserer Gesellschaft. Kapitalismuskritik könnte aus seiner Geschichte ebenfalls herausgelesen werden, denn der Protagonist passt sich nach einer Zeit an ein neues, monotones Leben in der Klinik an. Der Ich-Erzähler gibt die Kontrolle ab. Er trennt sich von seinem Alltag und seinem Leben vor der Klinik, mit dem er offenbar nicht zufrieden war:

Als sie fertig ist, fühlen sich meine Hände ganz weich an, die oberste Hautschicht ist in der Schüssel mit Salz und Öl zurückgeblieben. Ich wünschte, ich könnte mich häuten wie eine Blindschleiche und indem ich meine vertrocknete Haut zurücklasse noch einmal neu beginnen.

Unaufgeregt und routiniert wird der Aufenthalt des Protagonisten in der neurologischen Rehaklinik erzählt. Henrik Failmezgers Text ist einer, der die Zeitlosigkeit und das Endlose während des Aufenthalts einfangen will. Nur ein kleiner Spannungsbogen und wenig Handlung sind zu bemerken. Trotzdem glänzt Salz und Öl mit den Beschreibungen der anderen Menschen in der Klinik. Der Ich-Erzähler begegnet ihnen mit Sympathie auf Augenhöhe.

Letztendlich bleibt mir jedoch der tatsächliche Erzählanlass der Geschichte unklar.

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