Stephan Reich: „Orte“

bloß den stimmen fehlen die höhen / & tiefen im zwielicht des screens / – are you dead? – / brennt die sprache aus

Stephan Reichs Stimme fehlt es an nichts, weder Höhen noch Tiefen. Seine Sprache brennt, aber brennt nicht aus, niemals. Er zieht die Zuhörer mit sich mit, in Extremsituationen. Seine Stimme schleift sie dorthin, den Mount Everest hinauf oder bis ins russische Nowgorod.

Stephan Reichs „Orte“ sind unwirtliche Gegenden, in denen es kalt ist und schneit. Da sind „zerlumpte Gesichter“, zertretene Kürbisse, aber immer auch die Ahnung von etwas Grün, einem Frühling, der sich ankündigt. Oder Fragmente aus Träumen, „eine Bühne aus Luft“. Für einen Moment fühlt man sich aufgehoben, warm umfangen, selbst in lebensfeindlichen Gebieten. Doch dann gibt es wieder Risse im Grün. Der Himmel entpuppt sich als „graue Theorie“. Die Luft als etwas, das man braucht, aber auch etwas, an dem man ertrinken kann.

Häufig werden englische Zitate eingestreut. Readymades, die den Text um eine Ebene erweitern, auf der kommentiert und reflektiert wird: „I’m feeling just fine.“ – „Are you dead?“

Julia Graf, die Lektorin, spricht von „Extremsituationen statt Elfenbeinturm“, von „Geschichten auf engstem Raum“. Und ja, tatsächlich, Stephan Reich erzählt, präsentiert ein verknapptes Reisetagebuch, das die Zuhörer an entlegenste Orte führt. Sie dort allein lässt und geht, ohne sich umzudrehen. Stephan Reich weiß: Die Zuhörer werden ihm folgen.

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