René Weisel (Nouveaubéton): »Im Staub«

Eine Literaturbetriebssatire als wilder Ritt durch die Genres, geschrieben von einem Poetry Slammer Internetautor (Danke für den Hinweis, sorry für den Lapsus!): „ein einziges Augenrollen“! Aus Augenrollen besteht in René „Nouveaubéton“ Weisels Text „die Petra“. Die Petra ist Agentin (Literatur- und auch Geheim-), die des Erzählers Schreibversuche ebenso abwimmelt wie seine charmanten Überredungsversuche:

„Hm. Macht Petra. Hm, hm, hm. Wie die hm macht, das macht der Petra keiner nach, so ein schweißtreibendes Hm, dass es mir gleich die Schläfe runtertropft.“

Während sich in des Appellanten Text ein Giovanni durch den Präriestaub quält und das obligatorische Tumbleweed taumelt, strebt die Petra eisern einer anderen frontier entgegen: „Ins Netz…“ geht sie (haha!).

„Und dafür braucht sie Leute. Netzleute. Twitteraten, sagt Petra. Fürs Lesen im 21. Jahrhundert. … Papier, stelle ich fest, erregt Mitleid. Das ist die Postkutsche.“

Ja, clever ist dieser Western-Twist, denn die Petra glaubt ja, dem ganz Neuen, Unbekannten entgegenzugehen. Aber, hey, das ist so ein alter Hut, Petra. Doch die Petra hört nicht hin, sie ist ja schon ganz woanders.

Auch wir sind nicht ganz da. Denn auch wenn René Weisel das Tempo wie die Lautstärke kontinuierlich steigert, selbst in Fahrt kommt und mehr und mehr Lacher im Publikum erntet, fehlt doch der spezielle Hyperdrive, der das Abgedrehte noch einige Windungen weiterspulen würde. Ja, vorne beben Lektorenrücken, und bei der „Nova Prosa Ranch“ wird geklatscht. Aber unser Herz schlägt nicht für diesen „komponierten Amoklauf“, als den Lektor Günther Eisenhuber René Weisels Text ankündigt. Wir schauen aber bei Weitem nicht so „kalt und komisch“ auf den Weiseltext wie die Petra den Giovannitext des Erzählers begutachtet. Denn der arme Giovanni – der Saugroboter, der den ganzen Dreck wegmachen soll – der tut uns schon ein bisschen Leid.

 

***
Leseprobe Nouveaubéton; Im Staub

Der erste Satz ist Landschaft. Also schaut Petra auf. Petra sagt: Der erste Satz. Und jetzt kommt es. Das Augenverdrehen. Landschaft kommt nicht infrage. Für Petra nicht. Und ich denke: Stifter. Denke: Handke. Denke: Moment mal, bitteschön, ganz langsam, Petra.

Also sage ich: Landschaft. Prärie. Wüste im Grunde. Das ist nun aber mal echt wichtig. Staubtrocken und endlos, weit draußen im Westen, das kann gar nicht anders anfangen. Das geht nur mit dem Tumbleweed, das plötzlich aus der Staubwolke auftaucht und am Schädel hängen bleibt, am Schädel des Büffels, des ausgerotteten, der einen schrecklich einsamen, mahnenden Schatten wirft. Und das Ganze funktioniert sowieso und überhaupt nur mit dem ganzen Staub, der weggesaugt werden muss. Vom Giovanni.

Petra formt den Giovanninamen mit den dunkelroten Lippen. GIOVANNI. Und dann schaut sie auf und fragt: Warum?

Vielleicht, also zum Beispiel:
Weil Giovannis klein sind. Flink sind sie auch!
So ein Giovanni, denke ich, ist umtriebig und flink.
Und deshalb, dachte ich,
dass Giovanni als Name,
dass der Name Giovanni
gut passen würde.

Der Giovanniname steht also da, schon im zweiten Satz, in dem Satz, der direkt auf den Landschaftssatz folgt, und es genügen schon Satz eins und Satz zwei, der Landschaftssatz und der Giovannisatz, und die Petra ist nur noch ein einziges Augenrollen. Und so wie es weit und endlos ist in der Prärie, so ist es hier furchtbar eng und heiß im Petrabüro.

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